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Ladegastorgel Naunhof

Geschichte der Naunhofer Stadtkirchenorgeln bis 1950

Es muss 1529 in Naunhof bereits Kirchenmusik gegeben haben, so belegen es Akten der Diözese Grimma. Nach einem umfangreichen Kirchenum- und ausbau nach 1589 sind 1610 die Arbeiten so weit gediehen, dass man über den Bau einer Orgel nachdenken konnte. So wurde ein Orgelbauer aus Halle mit dem Bau beauftragt, und im Jahre 1612 wurde innerhalb von vier Wochen die erste Naunhofer Orgel im Chor der Kirche (demnach gegenüber ihrem heutigen Standort) aufgestellt. Der Orgelbaumeister war aller Wahrscheinlichkeit nach Josias Iselbach, der auch die Orgeln in der Grimmaer Klosterkirche, in Rötha und in der Thomaskirche zu Leipzig errichtete.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts ist die Orgel am für uns gewohnten Platz auf der Empore zu finden, und erhält neue und zusätzliche Register. Jedoch fällt nach 100 Jahren diese erste Naunhofer Orgel dem Kirchenbrand von 1716 zum Opfer, sodass eine neue Orgel in Auftrag gegeben wurde: Diese zweite Naunhofer Orgel wurde am 16. Oktober 1723 übergeben.

Doch auch diese Orgel ist nicht perfekt. Viele Reparaturen und Revisionen sind belegt (so finden zwischen 1727 und 1851 über 12 Umbauten, Erweiterungen und Reparaturen aufgrund von Schäden statt).

Der Zustand ist 1853, so gibt der jährliche Kirchenzettel beredtes Zeugnis, so beklagenswert, dass Pfarrer Julius Riedel zur Legung eines Orgelbaufonds aufruft. Mit einem Grundstock aus dem Vermächtnis einer Naunhofer Bürgerin und einer großzügigen Beihilfe des Landeskonsistoriums aus dem Jahr 1878, ist es am 1. August 1880 möglich, mit dem Weißenfelser Hoforgelbauer Friedrich Ladegast einen Orgelbauvertrag über eine neue Orgel zu schließen. Die bestehenden Pfeifen der Orgel werden vom Orgelbaumeister aufgekauft, und so kostet die neue Orgel 6800 Mark (dies entspricht heute circa 68.000 Euro). Das Gehäuse wird, zu einem eigenen Preis von 600 Mark, von einem Baumeister aus Leipzig geliefert. Nur ein Jahr nach dem zu Anfang vereinbarten Termin wird die Naunhofer Ladegastorgel am 15. und 16. August 1882 vom Leipziger Universitätsmusikdirektor Langer abgenommen.

Doch auch die Naunhofer Orgel kann sich den Zeitläufen nicht entziehen. Als sich das Kriegsglück im ersten Weltkrieg gegen Deutschland wendet, werden im ganzen Land Orgelpfeifen beschlagnahmt und für Heereszwecke umgeschmolzen. In Naunhof wurden hierfür 70 Pfeifen im Materialgewicht von 148 kg beschlagnahmt. Die Entschädigung in Höhe von 966 Mark nimmt sich im Vergleich zu den Kosten der Reparatur von 1926 in Höhe von 2377 Mark sehr niedrig aus. Einem Kostenvoranschlag von 1929 zur Erweiterung der Orgel wird scheinbar nicht stattgegeben, da sich in den Akten nur Angaben über eine Reinigung der Orgel im Zuge der Kirchenerneuerung 1930 finden.

Nach dem zweiten Weltkrieg dauert es nicht lange, bis die neue Zeit auch die Naunhofer Orgel umgestalten möchte. So entsteht ein Vorschlag zur Orgelrenovierung mit Neugestaltung des Klangbildes von 1949, der vor allem das Klanggut der Romantik reduzieren soll. Im Jahr 1950 wird diese Umgestaltung des Klangbildes durch den Leipziger Orgelbaumeister Hermann Lahmann umgesetzt. Am 9. Juli 1950 wird die Orgel wiedergeweiht. (Gekürzte Fassung des Aritkels von Pfr. i.R. Ulrich Eichler)

Ägide Volker Dornbusch 1992 – 2006

Für Volker Dornbusch (Kantor der Naunhofer Stadtkirche von 1992 bis 2006) und viele andere Orgelverständige blieb eine Frage: Warum erfolgte 1950 der Umbau der Naunhofer Ladegastorgel?

Nach Berichten Dornbuschs lässt sich die Antwort nur in der Nähe 200. Todestages des großen Leipziger Thomaskantors Johann Sebastian Bach verorten. In Leipzig, in der Thomaskirche, und auch sonst im Land, versuchte man sich dem 18. Jahrhundert zu nähern. Viele Entscheidungen werden in dem Gedanken getroffen, das 18. Jahrhundert erlebbar zu machen. In Naunhof soll durch den Umbau ein „bachischerer“ und vor allem entromantisierter Orgelklang entstehen. So wurde die Naunhofer Stadtkirchenorgel durch den Umbau von 1950 zu einem „neobarockisierten“ Instrument.

Während der Amtszeit von Volker Dornbusch äußerten sich viele berühmte und versierte Kollegen über den klanglichen Zustand der Naunhofer „Ladegastorgel“. So zitiert Dornbusch den Organisten Matthias Eisenberg mit dem Wort „Rückführen!“. Und das bereits 1993!

Diese Einschätzung äußerten Ullrich Böhme und Michael Schönheit ebenfalls. Auch die Statik der Orgelempore hatte sich im Laufe der Zeit verändert und musste stabilisiert werden. Der technische Zustand des Instruments und die Umwandlung von 1950 waren die Hauptbeweggründe für die Restaurierung und Wiederherstellung des historischen Instruments. (Quelle: Artikel von Volker Dornbusch)

Friedrich Ladegast (1818-1905)

„Er war ein schlichter, fleißiger, kenntnisreicher Mann von wahrer Herzensbildung…“ („Zeitschrift für Instrumentenbau“ 1905)

Friedrich Ladegast zählt zu den bedeutendsten Orgelbauern Deutschlands nach Gottfried Silbermann.
Er wurde am 30. August 1818 in Hochhermsdorf bei Rochlitz in Sachsen geboren. Er durchlief während seiner Lehrzeit viele bedeutende Orgelwerkstätten Sachsens. Höhepunkt seiner Studienjahre war aber zweifellos seine Tätigkeit in der Werkstatt Aristide Cavaillé – Coll in Paris. Als repräsentative Instrumente aus seiner Hand können die Orgel der Nicolaikirche in Leipzig (1862), die Orgel im Dom zu Merseburg (1855), die Orgel im Dom zu Schwerin (1871) und die Orgel im Dom zu Tallin (1879) gelten. Sein Lebenswerk umfasst über 200 Orgeln. Eine davon steht in der Stadtkirche zu Naunhof (1882).